PROJEKT 2015/16

(un)sichtbar machen.
Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf Hüllen und Enthüllung

Das aktuelle Forschungsprojekt setzt sich mit Aspekten des Verhüllens, Verbergens, Verschleierns und ihren Gegenbewegungen auseinander. Dinge, Körper, Gedanken einzukleiden oder zu exponieren – sie (un)sichtbar zu machen – sind alltägliche Prozesse, die eine Dialektik zwischen Innen und Außen organisieren. Was als »Hülle« und was als »Kern« wahrgenommen wird, folgt, je nach Kontext, unterschiedlichen Kriterien.

Hüllen und Enthüllungen, so eine grundlegende These des Projekts, beziehen sich damit auf Möglichkeiten der Wahrnehmung. Sie provozieren gleichermaßen sinnliche, intellektuelle und imaginative Auseinandersetzungen und Assoziationen. Untrennbar damit verbunden und daraus resultierend sind performative Praktiken, die als Akte der Kommunikation Aufmerksamkeit generieren, bündeln und steuern. Ein Fokus des Projekts liegt hier auf den Bedingungen und Regelhaftigkeiten, denen sie unterliegen, sowie den darin involvierten Akteurinnen und Akteuren. Hier scheinen symbolische Konzepte und Wertzuschreibungen auf, die von kulturellen Deutungs- und Handlungsmustern abhängig sind.

Das zeigt sich nicht nur in (Ver)Kleidung(en), sondern ebenso in Bezug auf sprachlich-metaphorische Formen, also für Praktiken des Kaschierens, Beschönigens oder in der Notlüge. Die idealisierte Präsentation eines Produkts in Werbung und Verpackung kann ebenso in diesem Kontext betrachtet werden, wie die Figur des Hochstaplers mit seinen enthüllten und verborgenen Facetten. Auf die Ambivalenz von Sehen und Nichtsehen weisen auch Bildwerke, die, wie Reliquiare oder Flügelretabel als ›Hülle‹ fungierten, oder aber, wie Christkindfiguren und Ikonen selbst eingehüllt wurden.

Die Teilprojekte beschäftigen sich u.a. mit folgenden Fragen: Wie ist die Beziehung zwischen Hülle und Verhülltem zu denken? Können sie getrennt betrachtet werden, und was geschieht bei der Entkopplung der beiden Bereiche? Wo streben beide eine Interaktion an, und wie gestaltet sich diese? Wie vollzieht sich der Wandel vom Verborgenen zum Sichtbaren und wie wird er inszeniert? Wann, wie und durch wen vollzieht sich die Produktion dieser Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsebenen? Das Forschungsprojekt spürt so den materiellen, me-dialen und praxeologischen Qualitäten von (Un)Sichtbarkeit nach.

Termin:
19. und 20. Februar 2016
Warburg-Haus, Heilwigstraße 116, 20249 Hamburg

 

Teilprojekte

Die Enttarnung des Verborgenen. Sichtbarwerdung als konstitutives Element in der Hochstapelei
(Inga Klein)

»Wir packen für Sie aus« – Strategien zur Authentifizierung und Inszenierung von Produkten und Menschen in Unboxing-Videos
(Rostislav Tumanov)

Verkörperungen/Verhüllungen: Bild- und Hüllenrhetorik weiblicher Heiliger im Mittelalter
(Nadine Mai)

 

Kontakt

»(un)sichtbar machen«
Forschungsprojekt Isa Lohmann-Siems Stiftung
c/o
Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie
Universität Hamburg
Edmund-Siemers-Allee 1, West
20146 Hamburg